Wednesday, October 10, 2012

Zum Entwurf einer EU-Marktmissbrauchsverordnung im Wertpapierhandel

Der Vorschlag für eine EU-Richtlinie über strafrechtliche Sanktionen für Insider-Geschäfte und Marktmanipulation vom 20.10.2011 ist auf der Website der EU-Kommission unter dem Stichwort "Marktmissbrauchrichtlinie" zu finden. Vorbereitet wird der Erlass einer Verordnung mit unmittelbarer Rechtswirkung in den jeweiligen EU-Ländern im Lamfalussyverfahren. Nach dem Lamfalussyverfahren kann ein EU-Rechtsakt final in Kraft treten, wenn durch das EU-Parlament kein Widerspruch innerhalb von drei Monaten erfolgt.

Es geht bei der Verordnung um die Bekämpfung von verbotenem Insiderhandel und Marktmanipulationen durch die Verbreitung von falschen Informationen. Dieses betrifft unter anderem auch die Frage von ad-hoc-Meldungen.

Der Anwendungsbereich erfasst u.a. zum Handel zugelassen Finanzinstrumente auf regulierten Märkten und bestimmte OTC-Finanzinstrumente. Von Bedeutung ist hierbei u.a. die Definition dessen, was eine spezifische Information ist, die Markteinfluss ausüben kann. Eine Definitionshilfe dazu bietet das EuGH-Urteil vom 28.6.2012 zum Punkt dessen, wie die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Insiderinformation beschaffen sein muss (Daimler/Schrempp).

Für Führungskräfte eines Unternehmens bestehen u.a. Meldefristen, wenn sie persönlich mit Papieren des Unternehmens handeln.

Angelegt werden soll u.a. ein Insiderverzeichnis von Personen mit entsprechenden Insiderinformationen. Die Verordnung soll rechtlich unmittelbar in allen EU-Ländern wirken. Im Wesentlichen ist u.a. an eine Verschärfung der Strafvorschriften im Sinne einer „Mindestharmonisierung" gedacht. Das EU-Recht kann auf das Strafrecht eines Landes keinen unmittelbaren Einfluss nehmen.

Monday, June 18, 2012

Aufnahmen von Personen bei öffentlichen Veranstaltungen

Sobald eine Person erkennbar ist, muss sie grundsätzlich vor der Herstellung des Fotos oder des Filmmaterials um Erlaubnis gefragt werden.

Von diesem Grundsatz gibt es vier Ausnahmen, bei denen die Person eben nicht vorher gefragt werden muss:

Die abgebildete und erkennbare Person gibt ihre Zustimmung. Die Zustimmung wird vom Gesetz vermutet, wenn die Person Geld für die Abbildung bekommt.
Die Person ist nur „Beiwerk" auf dem Bild. Sie ist also nicht ein zentrales Element, bei deren Weglassen das Bild nicht mehr verwendet werden würde. Es spielt für das Bild keine Rolle, ob die Person zu sehen ist, die Person erscheint zufällig und ist austauschbar. Wer als Beiwerk auf einem Bild erkennbar ist, muss dies also grundsätzlich hinnehmen.
Die Person ist eine Person der Zeitgeschichte, sie steht also im Interesse der Öffentlichkeit. ACHTUNG: Wird das Bild in der Werbung eingesetzt, muss auch die Person der Zeitgeschichte um Erlaubnis gefragt werden.
Die Person ist Teilnehmer einer Versammlung (damit sind Demonstrationen gemeint, und keine klassischen Events) und ähnliche Vorgänge. Allerdings fallen die Events unter den Begriff der „ähnlichen Vorgänge", weshalb Fotos in die Zuschauermenge hinein erlaubt sind. Die dabei erkennbaren Einzelpersonen müssen damit leben, dass sie erkennbar gezeigt werden.

Aber: Diese Ausnahme rechtfertigt es nicht, dass das Fernsehen aus der Masse heraus eine einzelne Person herauszoomt und vergrößert darstellt. Solche Aufnahmen sind rechtswidrig (auch wenn sie tatsächlich gemacht werden, weil sich kaum jemand wehrt). Das Foto bzw. der Film in die Menschenmenge, in der Personen erkennbar sind, ist nur gestattet, soweit dadurch ein repräsentativer Eindruck des Geschehens vermittelt wird. Einzelbilder sind dadurch nicht gedeckt.

Auch Aufnahmen bei „Verstehen Sie Spaß", der „Versteckte Kamera" oder Spaßanrufe im Radio sind grundsätzlich rechtswidrig, da die Person vor der Aufzeichnung gefragt werden müsste. Dass die Person im Nachhinein, aber zumindest vor der Ausstrahlung gefragt wird, ändert nichts an der Rechtswidrigkeit. Im Übrigen sind unerlaubte Aufnahmen von Personen oder dem gesprochenen Wort auch strafbar!

Das „Recht am eigenen Bild" ist ein so genanntes Persönlichkeitsrecht. Hierneben besteht regelmäßig auch ein Recht des Fotografen an dem Bild bzw. des Produzenten an dem Film: Das Urheberrecht. Bei Verwendung von Fotos mit erkennbaren Personen darauf muss der Verwender also
die abgebildete, erkennbare Person um Erlaubnis fragen, sofern nicht eine der oben genannten Ausnahmen zutrifft, und
den Fotografen um Erlaubnis fragen. Im Urheberrecht sind die Ausnahmen, in denen der Fotograf nicht um Erlaubnis gefragt werden muss, in den so genannten Schranken geregelt (§ 44a - § 63a Urheberrechtsgesetz).

Monday, June 4, 2012

Internet-Cafés wegen Störerhaftung vor dem Aus?

Es wird aktuell viel diskutiert über die vielen WLAN-Zugänge, die von Café- und Kneipenbetreibern in Deutschland den Gästen zur Verfügung gestellt werden. Dabei sind uns derartige Fälle schon länger auch aus eigenen Mandaten bekannt. Auch die grundsätzliche Problematik ist nicht neu: Der Kneipenbetreiber bietet seinem Gast einen Internetzugang per WLAN, der Gast bietet darüber Musik und Filme an (oder lädt unerlaubte Schmuddelbildchen runter) und am Ende zahlt der Kneiper die Zeche an den Abmahner.

Denn Fakt ist eins: Der Kneipenbetreiber, der seine Gäste ins Internet lässt, geht immer ein Risiko ein. Das Risiko ist umso größer, je geringer die Sicherheitsmaßnahmen sind. Das ganze gipfelt in vollkommen ungeschützten WLAN, zu denen jeder ohne Passwort oder Zugangsbeschränkungen Zugang hat. Da surft dann gern, je nach Reichweite, auch der vor der Kneipe stehende Tourist oder der Nachbar auf der anderen Straßenseite mit.

Dass derart sorglose Betreiber ein erhebliches Risiko eingehen, abgemahnt zu werden, ist klar. Der Rechteinhaber hält sich nun einmal zunächst an den Anschlussinhaber, da erst mal kein anderer greifbar sein wird. Nun hatte uns der BGH im Mai 2010 auch beschieden, dass eine widerlegbare Vermutung dafür spräche, dass der Anschlussinhaber auch der Rechtsverletzer ist.

An diesem Punkt dürfte jedoch, insoweit liegen etliche kommentierende Kollegen richtig, die Vermutung für die Täterschaft entfallen. Nimmt man beispielsweise die kürzlich hier kommentierte Entscheidung des OLG Hamm zur Hand, so kann man klar festhalten, dass die Täterschaftsvermutung auf den Fall des Kneipenbetreibers unanwendbar ist. Denn dieser kann immer dartun, dass nicht er, sondern einer seiner Gäste Täter war. In diesem Fall dürfte auch die Verpflichtung zur Benennung der möglichen Täter entfallen.

Doch, damit ist der Kneipenbetreiber nicht aus dem Schneider. Denn immerhin verbleibt ihm die Störerhaftung. Und aus dieser wird er sich, so wage ich vorher zu sagen, kaum herausziehen können. Denn es dürfte unstreitig sein, dass der Betreiber durch ein mehr oder weniger durchlässiges WLAN erhebliche Gefahrenquellen schafft. Insbesondere der vollkommen freie Zugang zum WLAN dürfte die Störerhaftung auf jeden Fall auslösen. Dann entfällt zwar der Schadensersatzanspruch des Rechteinhabers, aber in der Regel liegen die geltend gemachten Anwalts- und Ermittlungskosten weit über dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch.

Was kann der Betreiber also nunmehr tun? Eine umfangreiche Registrierung jedes Nutzers (inkl. Name, Adresse, Nutzungszeit etc.) dürfte weder praktikabel noch zielführend sein. Der Betreiber kann dann zwar ggfs. einen direkten Täter benennen. Die Störerhaftung bleibt jedoch ggfs. sogar bestehen. Der Rechteinhaber erhält zwei Anspruchsgegner (zumindest für die Anwaltskosten) und nimmt eben notfalls auch den Betreiber in Anspruch.

Erfolgversprechender scheint daher eine technische Absicherung zu sein. Dies bedeutet wenigstens eine kleine, praktikable Zugangssicherung und die Sperrung bestimmter Ports wie beispielsweise auch das Ausschalten des WLAN außerhalb der Öffnungszeiten.

Die hier zitierte Prüfungspflicht der Betreiber erscheint rechtlich erheblich bedenklich. Die tatsächliche Kontrolle der Aktivitäten der eingeloggten Nutzer dürfte vor dem Hintergrund des Fernmeldegeheimnisses wie auch konkreter Datenschutzregelungen mehr als fraglich sein. Die grundlegende Haftung der Betreiber nur vor dem Hintergrund, dass ein anderer nicht greifbar sei, ist ebenfalls kaum rechtsstaatlich.

Meines Erachtens bleibt dem Kneipenbetreiber, der seinen Gästen einen WLAN Zugang bieten möchte, nur die Möglichkeit, mit technischen Mitteln so gut wie möglich Urheberrechtsverletzungen, insbesondere durch Filesharing-Plattformen, zu verhindern und ggfs. zu prüfen, welche weiteren Maßnahmen seine Gäste akzeptieren.

Tuesday, April 24, 2012

Beim Finanzamt Klage einreichen?

Gegen den Steuerbescheid mussten Sie bereits fristgerecht innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe Einspruch einlegen. Wenn Sie nunmehr gegen den Einspruchsbescheid vorgehen wollen, so müssen Sie dies wiederum innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe der für Sie beschwerenden Entscheidung tun.

Da Sie den Rechtsstreit vor dem Finanzgericht auch selbst führen können , können Sie nunmehr Anfechtungsklage oder Verpflichtungsklage einreichen. Viele fragen sich nunmehr, wo sie dies tun müssen.

Hierbei könnte man denken, dass außergerichtliche Angelegenheiten nur von einer Behörde, hier also dem Finanzamt, entgegengenommen werden und gerichtliche Angelegenheiten nur von einem Gericht. Sodann heißt es auch:

§ 64 Absatz 1 FGO

Die Klage ist bei dem Gericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben.

Jedoch findet sich in der Finanzgerichtsordnung auch eine Regelung bezüglich der Pflicht zur Weiterleitung der Klageschrift, wenn diese bei einer Behörde eingereicht wurde.

§ 47 Absatz 2 FGO

Die Frist für die Erhebung der Klage gilt als gewahrt, wenn die Klage bei der Behörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt oder die angefochtene Entscheidung erlassen oder den Beteiligten bekannt gegeben hat oder die nachträglich für den Steuerfall zuständig geworden ist, innerhalb der Frist angebracht oder zur Niederschrift gegeben wird. Die Behörde hat die Klageschrift in diesem Fall unverzüglich dem Gericht zu übermitteln.

Somit haben Sie sogar zwei Möglichkeiten für die Einreichung Ihrer Klage und brauchen keine Angst haben, dass Sie die Klage eventuell bei einer falschen Stelle eingereicht haben.

Tuesday, February 21, 2012

„Wenn ein Rechtsanwalt zum Telefonhörer greift, dann kostet es Geld“

Diesen Satz musste ich kürzlich in der Sauna hören. Es zeigt sich, dass offenbar Rechtsanwälte noch immer bei vielen Menschen den Ruf haben, den Schwerpunkt weniger auf juristische Arbeit als auf optimale Durchsetzung eigener wirtschaftlicher Interessen zu legen. Der zitierte Satz ist allenfalls dann zutreffend, wenn der Mandant mit seinem Rechtsanwalt eine (freiwillige) Vergütungsvereinbarung auf Stundensatzbasis getroffen hat. Eine solche Vereinbarung ist gegenüber der Abrechnung nach den gesetzlichen Gebühren für den Mandanten günstiger und kalkulierbarer. Im Verkehrsrecht findet  eine solche Vereinbarung allerdings nur in seltenen Einzelfällen Anwendung.  In Bußgeldsachen, so z.B. bei Geschwindigkeitsüberschreitungen, Rotlichtfahrten oder Abstandsverstößen fällt der Betrag von 285,60 € an (inkl. Mehrwertsteuer und Postpauschale), in Strafsachen, so z.B. Trunkenheitsfahrten oder unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, der Betrag von 386,75 €. Dabei spielt es keine Rolle, ob mit der Verwaltungsbehörde oder der Staatsanwaltschaft 1-mal oder 10-mal telefonieret wird, ob einer oder 10 Briefe geschrieben wird. Geht die Sache in das gerichtliche Verfahren über, so verdoppeln sich diese Gebühren in etwa. Überhaupt kein Kostenrisiko trägt derjenige, der über eine (Verkehrs-)Rechtsschutzversicherung verfügt. Diese tritt nur dann nicht ein, wenn es zu einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Vorsatztat kommt, was im Verkehrsrecht eher selten ist. Nur dann, wenn mit der Rechtsschutzversicherung ein Selbstbehalt vereinbart ist, muss dieser vom Mandanten getragen werden. Dabei empfehle ich, den Selbstbehalt auf max. 100,00 € zu begrenzen.

Wenn Ihre Ansprüche nach einem nicht selbst verschuldeten Verkehrsunfall bei der gegnerischen Versicherung geltend gemacht werden, werden die Kosten von dieser Versicherung übernommen. Stellt sich heraus, dass Sie ein Mitverschulden zu tragen haben, so werden die Rechtsanwaltskosten entsprechend gekürzt. Der Differenzbetrag wird auch hier von einer Rechtsschutzversicherung getragen. Ebenfalls gilt auch hier das oben Gesagte, d.h. die gesetzliche Gebühr fällt nur einmal an, unabhängig vom tatsächlichen Aufwand des Rechtsanwaltes.