Tuesday, January 25, 2011

Lebensalterstaffelung von Urlaubsansprüchen unwirksam

Nach Ansicht des LAG Düsseldorf verstoßen nach Lebensalter gestaffelte Urlaubsansprüche in einem Tarifvertrag gegen das Verbot der Altersdiskriminierung (LAG Düsseldorf, 18.1.2011 - 8 Sa 1274/10).

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hatte über Urlaubsansprüche aus einem Arbeitsverhältnis zu entscheiden, für welches der Manteltarifvertrag Einzelhandel NRW Anwendung findet. Dieser sieht unter anderem vor, dass die Urlaubsansprüche nach Lebensalter gestaffelt sind. So besteht bei einer Sechs-Tage-Woche bis zum vollendeten 20. Lebensjahr Anspruch auf 30 Urlaubstage, nach dem 20. Lebensjahr Anspruch auf 32 Urlaubstage, nach dem 23. Lebensjahr Anspruch auf 34 Urlaubstage und nach dem 30. Lebensjahr Anspruch auf 36 Urlaubstage.

Die 24jährige Klägerin sah hierin eine unzulässige Altersdiskriminierung und bekam vom Gericht 36 Urlaubstage zugesprochen.

Als Begründung wurde angeführt, dass eine Staffelung nach Alter nicht mit den Vorschriften zur Altersdiskriminierung im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (§ 10 AGG) in Einklang zu bringen sei. Die Angleichung nach oben folge aus dem Grundsatz der effektiven und wirksamen Durchsetzung von EU-Rechtsvorgaben.

Monday, January 17, 2011

Bilderklau im Internet - die Rechte des Fotografen

Im Internet finden sich zu jedem erdenklichen Thema Fotos. Die schnelle Zugänglichkeit und die einfachen technischen Möglichkeiten zum Kopieren solcher Fotos lassen bei vielen Internetnutzern offenbar den Eindruck entstehen, dass man solche Fotos frei von Rechten Dritter einfach nutzen darf. Dies ist nicht der Fall.

Insbesondere bei Verkaufsplattformen wie eBay gehört ein gutes Foto des zu verkaufenden Artikels zu einem erfolgreichen Angebot. Dies verleitet viele, sich in Auktionen anderer Verkäufer oder aus den Untiefen des Internets passende Fotos herauszusuchen und für das eigene Angebot zu verwenden, ohne sich dafür die erforderliche Zustimmung einzuholen. Dabei erspart sich derjenige, der sich Fotos auf diesem Wege beschafft, den Aufwand zur Erstellung eines eigenen Fotos oder zur Einholung einer entsprechenden Lizenz.

Dabei werden die sich aus dem Urheberrecht ergebenden Rechte des Fotografen verletzt.

Rechte des Fotografen aus dem Urheberrechtsgesetz

Der Fotograf hat gegen den unberechtigten Nutzer der Fotos Unterlassungsansprüche gemäß §§ 97 Abs. 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG), Auskunftsansprüche gemäß § 101 UrhG sowie Schadensersatzansprüche gemäß § 97 Abs. 2 UrhG.

Der Verkäufer, der für seine Auktionen ein eigenes Foto geschaffen hat, ist als Urheber dieses Fotos durch das Urheberrechtsgesetz geschützt. Gleiches gilt, wenn der Verkäufer einen Fotografen mit der Erstellung des Fotos beauftragt hat und die ausschließlichen Nutzungsrechte für das Foto auf den Verkäufer übertragen wurden.

Eine Fotografie ist regelmäßig ein Lichtbildwerk und somit urheberrechtlich nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG geschützt. Der Fotograf ist Urheber im Sinne von § 7 UrhG.

Die Urheberschaft wird für denjenigen vermutet, der in üblicher Weise als Urheber auf dem Werk oder Vervielfältigungsstücken als Urheber bezeichnet ist. Da keine Verpflichtung des Urhebers besteht, seinen bürgerlichen Namen anzugeben, genügt gemäß § 13 Satz 2 UrhG auch die Verwendung eines Decknamens (Schulze in Dreyer/ Schulze Urheberrechtsgesetz 3. Auflage C.H. Beck 2008 § 10 Rn. 9). Daher dürfte für die eindeutige Kennzeichnung des Fotos im Sinne eines Urhebervermerks der Händlernamen bei eBay ausreichen. Da der Verkäufer, wie alle anderen Nutzer von eBay, ausschließlich unter seinem Nutzernamen verkauft, ist ein Foto, das mit seinem Nutzernamen gekennzeichnet ist, ausschließlich ihm zuzuordnen. Für ein Foto, das seinen Nutzernamen im Sinne eines Urhebervermerks trägt, gilt er als Urheber.

Zudem ist ein Foto, das wegen fehlender Schöpfungshöhe kein urheberrechtlich geschütztes Werk ist, als Lichtbild im Sinne von § 72 UrhG geschützt. Der Fotograf ist hat dann zumindest gemäß § 72 Abs. 1 UrhG Leistungsschutzrechte an der Fotografie.

Die unberechtigte Verwendung eines Fotos im Internet ist eine Verletzung des ausschließlich dem Fotografen zustehenden Vervielfältigungsrechts gemäß § 16 UrhG und des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung gemäß § 19 a UrhG.

Möglichkeiten des Fotografen

Der Fotograf kann gegen den unberechtigten Nutzer des Fotos im Wege einer Abmahnung außergerichtlich seinen Anspruch auf Unterlassung geltend machen. Die Kosten der Abmahnung hat der unberechtigte Nutzer zu tragen, § 97 a II UrhG.

Wenn der Nutzer eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt, ist der Unterlassungsanspruch erledigt. Gibt der Nutzer des Fotos keine Unterlassungserklärung ab, kann der Unterlassungsanspruch gerichtlich entweder durch eine einstweilige Verfügung oder durch eine Klage durchgesetzt werden.

Zudem kann der Fotograf Schadensersatz für die unberechtigte Nutzung des Fotos fordern. Für die Berechnung des Schadensersatzanspruches gibt es drei alternative Möglichkeiten, aus denen sich der Rechteinhaber die für ihn günstigste aussuchen kann. Der Schadensersatzanspruch kann berechnet werden entweder aus dem entgangenen Gewinn des Rechtsinhabers, der Herausgabe des durch die unberechtigte Nutzung entstandenen Verletzergewinns oder durch die Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr.

Da der Nachweis eines konkreten Schadens oder die konkrete Berechnung des Verletzergewinns schwierig ist, wird meistens die Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr verlangt. Als Schadensersatz wird der Betrag verlangt, der beim Erwerb der Rechte für die Nutzung angefallen wäre. Gibt es für das Foto keine übliche Lizenzgebühr, weil der Fotograf die Rechte am Foto gar nicht an Dritte übertragen wollte, kann man auf die dafür üblichen Lizenzgebühren zurückgreifen. Verschiedene Gerichte legen die Honorar-Empfehlungen Bildhonorare der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM) zu Grunde.

Um den Schaden bemessen zu können, hat der Rechteinhaber einen Auskunftsanspruch zu Art und Umfang, insbesondere der Dauer, der Nutzung.

Da für die konkrete Bezifferung des Schadensersatzanspruchs des Klägers eine vorherige Auskunft des Beklagten über den Umfang der Nutzung der Fotografie erforderlich ist, wird im gerichtlichen Verfahren regelmäßig eine Stufenklage nach § 254 ZPO erhoben, nach der im ersten Schritt Auskunft verlangt und nach Erhalt der Auskunft der Schaden konkret beziffert wird.

Wednesday, January 12, 2011

Fremde Inhalte auf eigenem Server-Speicherplatz ohne aktiven Link zum Internetauftritt

Immer mehr Gerichte verurteilen wegen Urheberrechtsverletzung trotz fehlender Verknüpfung mit dem Internet.

Wer fremde Inhalte auf dem eigenem Server ohne Verwendungsberechtigung speichert, läuft Gefahr, eine vollendete Urheberrechtsverletzung zu begehen auch wenn keine aktive Verbindung vom Internet besteht - mit allen kostspieligen Konsequenzen. Das bekam in einem vom Landgericht Leipzig entschiedenen Fall der Mitteldeutsche Rundfunk zu spüren, der eine illegal kopierte grafische Darstellung zwar von seiner redaktionell betreuten Seite herausnahm, jedoch übersah, dass ohne öffentlichen Link diese Datei noch an einem anderen dezidierten Serverplatz unter einer bestimmter URL abrufbar war. Prompt hat die Suchmaschine „picsearch" diese Seite aufgefunden und den Unterlassungsgläubiger dazu veranlasst erneut gegen den MDR vorzugehen, diesmal aus der Unterlassungserklärung.

Das kam dem Fernsehsender teuer zu stehen, eine Vertragsstrafe von 5.000 € (nicht 10.000 € wie vom Grafiker verlangt) wurde zugesprochen nebst Anwaltskosten aus diesem Gegenstandswert (nicht rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Leipzig vom 07.10.2009; 05 O 1508/08). Es nützte dem MDR nichts, dass vom eigenen öffentlich zugänglichen Internetauftritt kein Link gesetzt wurde oder dieser jedenfalls zum Abmahnzeitpunkt nicht mehr aktiv war. Bekanntlich halten sich Suchmaschinen oftmals nicht an die Beschränkungen unter der Datei ROBOT.TXT, sondern grasen alles ab, was irgendwie auf Servern gelagert ist.

Die Rechtsprechung scheint sich auf diese Linie eingeschworen zu haben. Das Landgericht Berlin hat seine ursprüngliche Auffassung im Urteil vom 30.03.3010 (15 O 341/09) aufgegeben und sich der Auffassung des Oberlandesgerichts OLG Hamburg angeschlossen (dort Beschluss vom 08.02.2010 (5 W 5/10 und öfter)). Wer also fremde Inhalte ohne Verwendungsberechtigung auf seinem Server kopiert, geht trotz fehlender Internetverbindung ein beträchtliches und völlig unnützes Risiko ein und sollte dies am besten ausnahmslos unterlassen.

Monday, January 10, 2011

Unwirksame Befristung der Arbeitsverträge bei der Agentur für Arbeit

Die Bundesagentur für Arbeit beschäftigt eine Vielzahl ihrer Mitarbeiter auf der Grundlage befristeter Arbeitsverträge. Mit der Wirksamkeit der in diesen Arbeitsverträgen enthaltenen Befristungsregelungen müssen sich in jüngster Zeit immer häufiger die Gerichte beschäftigen.

Hintergrund ist, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Befristung einer Vielzahl von Arbeitsverträgen der Arbeitsagenturen als unwirksam anzusehen ist.

Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist bei einem Arbeitsverhältnis, das länger als 2 Jahre dauert, nur dann zulässig, wenn die Befristung durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Die Arbeitsagenturen brauchen als immer einen sachlichen Grund, wenn sie einen Arbeitsvertrag nur befristet abschließen wollen. Liegt ein solcher Grund nicht vor, gilt das Arbeitsverhältnis trotz Vereinbarung einer Befristung als unbefristet.

Die Bundesagentur für Arbeit stützt die Befristung der von ihr geschlossenen Arbeitsverträge in vielen Fällen auf den gesetzlich vorgesehenen Befristungsgrund der sogenannten „Haushaltsbefristung" (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TzBfG) und verweist auf ihre jeweiligen Haushaltspläne. Damit eine auf den Sachgrund „Haushaltsbefristung" gestützte Befristung wirksam ist, muss aber nach aktueller Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die haushaltsrechtliche Regelung (= der Haushaltsplan), auf die die Befristung gestützt wird, bestimmte Anforderungen erfüllen.

Zum Haushaltsplan für das Jahr 2005 hat das BAG mit Urteil vom 17.03.2010 (Az.: 7 AZR 843/08) bereits entschieden, dass die darin enthaltene Regelung nicht geeignet ist, die Befristung von Arbeitsverträgen von Mitarbeitern der Arbeitsagenturen zu rechtfertigen. Befristungen, die auf diesen Haushaltsplan gestützt werden, sind also als unwirksam anzusehen.

Mittlerweile gibt es aber auch mehrere Urteile zu den aktuelleren Haushaltsplänen der Bundesagentur für Arbeit, die zu dem Ergebnis kommen, dass auch die darin enthaltenen Regelungen eine „Haushaltsbefristung" nicht rechtfertigen können.

Einige Beispiele:

- Urteil des LAG Hamm vom 01.10.2010 (17 Sa 455/09)

Das Landesarbeitsgericht Hamm, das über die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsvertrages einer Arbeitsvermittlerin zu entscheiden hatte, sah im Haushaltsplan der Arbeitsagentur für das Jahr 2008 keine ausreichende Grundlage für eine wirksame Befristung des Arbeitsvertrages der Klägerin.

- Arbeitsgericht Mönchengladbach, Urteil vom 18.11.2010 (4 Ca 2440/10)

Das Arbeitsgericht Mönchengladbach kam zu demselben Ergebnis im Hinblick auf den Haushaltsplan für das Jahr 2009

- LAG Düsseldorf, Urteil vom 12.10.2010 (16 Sa 804/10)

Nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf genügen auch die Regelungen im Nachtragshaushalt für das Haushaltsjahr 2009 nicht zur Rechtfertigung der Befristung von Arbeitsverträgen.

Fazit: Unwirksamkeit einer Vielzahl von Befristungen bei Arge-Mitarbeitern

Aufgrund der aktuellen arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung kann davon ausgegangen werden, dass die Befristung sämtlicher von den Arbeitsagenturen abgeschlossener Arbeitsverträge, bei denen zur Begründung der Befristung auf die Haushaltspläne der Jahre 2008 bis 2010 verwiesen wurde, als unwirksam anzusehen sind. Folge ist das Bestehen unbefristeter Arbeitsverhältnisse der betroffenen Mitarbeiter.

Die betroffenen Arbeitnehmer sollten allerdings beachten, dass sie die Unwirksamkeit der Befristung innerhalb einer 3-Wochen-Frist gerichtlich geltend machen müssen. Die Frist beginnt mit dem vermeintlichen Ende des Arbeitsvertrages zu laufen. Wird diese Frist versäumt, wird die Befristung des Arbeitsvertrages als wirksam behandelt.

Außerdem wichtig: Arbeitnehmer, die aufgrund der Haushaltspläne der Bundesagentur für Arbeit aus den Jahren 2008 bis 2010 befristet eingestellt wurden, sollten sich ohne entsprechenden Vorbehalt nicht darauf einlassen, einen weiteren (neuen) befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen. Denn bei der Prüfung des Bestehens eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses kommt es nämlich immer nur darauf an, ob die zuletzt getroffene Befristungsvereinbarung wirksam ist.

Monday, January 3, 2011

Hartz IV und Rente: Wegfall der Rentenversicherungspflicht bei Bezug von ALG II

Seit dem 01. Januar 2011 besteht bei Bezug von Arbeitslosengeld II keine Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung. Die JobCenter zahlen die bisherigen Minimalbeiträge in die Rentenversicherung nicht mehr ein. Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld II zählen deshalb infolge der Streichung von § 3 Abs. 1 Nr. 3 a SGB VI durch Artikel 19 Haushaltsbegleitgesetz 2011 (Bundesgesetzblatt 2010 Teil I, Seite 1897) nicht mehr als Beitragszeiten, sondern als nach Maßgabe des § 252 Abs. 9 SGB VI neue Fassung als Anrechnungszeiten.